Quantcast
Channel: ImmobilienScout24 Blog
Viewing all articles
Browse latest Browse all 207

Hauptstadtengagement: Englischunterricht für geflüchtete Menschen

$
0
0

Seit Februar findet mittwochs in den Räumen von ImmobilienScout24 Englischunterricht für geflüchtete Menschen statt. Silke Georgi, tagsüber für den Bereich Fundraising und International Affairs bei den Sozialhelden zuständig, kommt aus den USA und unterrichtet im Rahmen ihres Engagements bei dem Verein Give Something Back To Berlin (GSBTB) in ihrer Muttersprache.

Etwas zurückgeben an die neue Heimatstadt Berlin. Das ist das Motto und gleichzeitig der Name des Vereins Give Something Back To Berlin (GSBTB). Seit 2013 bringt der Verein nicht-deutschsprachige Wahlberliner, darunter Migranten aus Industrienationen sowie geflüchtete Menschen, mit anderen Bewohnern der Hauptstadt zusammen, um sich in vielen verschiedenen Projekten zu engagieren und für ein friedvolles, interkulturelles Miteinander einzusetzen.

Dass dieses Konzept aufgeht, sieht man nicht nur an den vielen Projekten, die GSBTB bereits auf den Weg gebracht hat. Vor kurzem wurde die Initiative auch mit dem Hauptpreis des Intercultural Innovation Award der BMW Group und der United Nations Alliance of Civilizations (UNAOC) ausgezeichnet. Mit dem Award werden seit 2011 jährlich zehn innovative soziale Projekte geehrt, die den Dialog und das interkulturelle Verständnis fördern.

Eines der Projekte von GSBTB ist der Englischunterricht von Silke und anderen ehrenamtlichen Lehrern. Da das Sozialhelden-Büro im ImmobilienScout24-Gebäude ein Zuhause gefunden hat, lag es für Silke nahe, dort nach Räumlichkeiten für ihr Engagement mit GSBTB zu fragen.

Hallo Silke, schön dass du dir heute Zeit nimmst, um mit uns über dein Engagement für den Verein GSBTB zu sprechen. Wie bist du dazu gekommen, dich im Rahmen des Vereins GSBTB zu engagieren?

Ich war recht neu in Berlin, wollte Leute kennenlernen und mich sozial engagieren. Da hab gedacht: „Ich kann Englisch, damit kann ich mich nützlich machen und dabei Leute treffen. Und seit etwa 2 Jahren gebe ich nun Englischunterricht für Geflüchtete, erst in einer Unterkunft am Kaiserdamm und nun in den Räumlichkeiten von ImmobilienScout24.

 

Wie kam es dazu, dass der Englischunterricht nun hier stattfindet?

Der Unterricht findet immer mittwochabends für zwei Stunden statt. Wir waren zuerst im Gemeinschaftsraum einer Flüchtlingsunterkunft am Kaiserdamm. Dort war es oft laut und unruhig. Weil die Unterkunft dort auch eine Erstaufnahme ist, waren die Leute meist nach ein paar Monaten wieder weg. Vor einer Weile habe ich dann überlegt: „Wir brauchen jetzt einen festen Ort, an den auch Leute aus anderen Unterkünften hinkommen können und der zentral liegt und bekannter ist“. Dann habe ich mit Mareen Walus vom Cares-Team bei ImmobilienScout24 gesprochen und gefragt, ob wir den Unterricht nicht abends in den freien Konferenzräumen machen könnten.

Was hat sich verändert, seit ihr die Räume hier nutzen könnt?

Sehr viel. Es ist hier ganz anders in solchen ruhigen, schönen Räumen. Das gibt dem Ganzen ein Gefühl von Seriosität, Respekt und Dazugehören. Die Schüler fühlen, dass sie hier willkommen sind. Es kommen immer wieder neue Lehrer und Schüler dazu. Meine loyalen Schüler, die jetzt schon länger kommen, bringen immer wieder Leute mit, weil sie wissen: Hier passiert etwas Gutes. Und das erzählen sie weiter. Das ist die beste Werbung: Wenn die Geflüchteten wissen, hier sind sie gut aufgehoben, und dieses Wissen weitergeben.

 

Bei Sprachunterricht für Geflüchtete denken viele Menschen zunächst an Deutschunterricht. Was ist die Motivation deiner Schüler, Englisch zu lernen?

Die meisten von ihnen haben schon Deutschunterricht. Manche warten noch bis sie einen Kurs zugeteilt bekommen. Bis jetzt waren es eigentlich immer Schüler, die schon Englisch konnten und sich sagten „Bis ich Deutsch so weit kann, um mich zu verständigen, will ich auch mein Englisch verbessern“. Manche, sind nicht sicher, wie ihre Zukunft hier aussieht, ob sie bleiben dürfen oder nicht. Und Englisch braucht man immer, überall. Manche wollen auch studieren und wissen, dass es noch lange dauert, bis ihr Deutsch so weit ist, dass sie sich auf einem akademischen Niveau verständigen können. Dann verbessern sie in der Zeit ihr Englisch, weil es viele Kurse an den Unis auch auf Englisch gibt. Es sind ganz unterschiedliche Motivationen. Für manche sind es zwei Stunden in der Woche in denen sie auf Augenhöhe ernst genommen werden und etwas lernen können. Außerdem ist es wichtig für sie sich mal mit anderen zu treffen.

Was für Schüler kommen denn zu dir?

Die meisten sind Mitte bis Ende 20, fast alles Männer. Die Frauen haben in dem Alter oft Kinder, auf die sie aufpassen müssen. Ich habe jetzt aber auch eine Schülerin, die mit ihrer Tochter kommt. Das klappt prima. Der Bildungsstand ist eigentlich recht gut. Ich bin immer wieder erstaunt, was sie für Wissen aus der Schule mitbringen über Sprache und Grammatik. Und über welche Themen sie reden wollen: über Politik, Weltgeschehnisse oder Deutschland und Angela Merkel. Und das ist dann manchmal etwas frustrierend, weil ihr Denkvermögen natürlich so viel höher ist als das, was sie auf Englisch ausdrücken können. Sie möchten am liebsten unheimlich viel erzählen und diskutieren und ich muss sie dann manchmal etwas bremsen und auf die Sprache achten.

 

Hast du vorher schon Unterrichtserfahrung gesammelt?

Nicht viel. Ich habe meine Kinder mehrsprachig erzogen und so einige Erfahrungen mitgebracht. Man weiß eigentlich vorher nie genau, wer zum Unterricht kommt. Es wird zwar jetzt besser dadurch, dass wir hier sind, aber es kann jede Woche eine andere Gruppe sein. Manchmal haben wir Schüler mit fast gar keinen Vorkenntnissen, dann wiederum gibt es einige, die beinah fließend Englisch sprechen. Englisch ist zwar meine Muttersprache, aber bei einigen Grammatikthemen muss ich auch nachschlagen. Das hilft mir dann selbst wieder.

Was sind die schönsten Momente für dich?

Es sind wirklich nette und dankbare Leute dabei und es entsteht einfach eine gute Stimmung, wenn wir uns treffen. Manchmal geht’s auch daneben und wir haben zu wenig Lehrer und zu viele Schüler. Aber das ist alles ok. Manchmal denke ich auch am Mittwochabend: „Ich will jetzt nach Hause und bin müde. Muss das jetzt noch sein?“ Aber am Ende bin ich immer froh. Da sind Menschen aus Ländern dabei von denen ich nichts weiß. Plötzlich erfahre ich dann, zum Beispiel, wie es im Irak vor dem Krieg war, was man in Somalia so isst, dass in Pakistan gern Cricket gespielt wird oder etwas über den Islam. Das sind total interessante Gespräche. Ich bin oft erstaunt, wie viel sie über Deutschland und unsere Kultur schon wissen, aber auch manchmal überrascht, was sie noch nicht wissen. Wenn jemand zum Beispiel nicht weiß, wer Mark Zuckerberg ist, dann muss ich erst mal  aus meiner eigenen Blase herauskommen, in der dieses Wissen vorausgesetzt wird.

Was auch schön ist, dass dadurch neue Freundschaften entstehen. Ich habe eine kleine Gruppe, die ich schon besser kenne, begleite und Tipps gebe, wo man hingehen kann oder wo man neue Leute kennenlernen kann. Wir treffen uns dann auch außerhalb des Unterrichts und so werde ich zu Geburtstagsfeiern oder zu einem syrischen Essen eingeladen. Dadurch habe ich ganz neue Freunde und Erfahrungen gewonnen, die ich sonst nicht hätte.

Vielen Dank für das spannende Interview.

Der Beitrag Hauptstadtengagement: Englischunterricht für geflüchtete Menschen erschien zuerst auf .


Viewing all articles
Browse latest Browse all 207